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Käthe Kollwitz, Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden, Kohlezeichnung, 1941

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Käthe Kollwitz, Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden, Kohle auf Papier, signiert, nicht datiert (1941), Blattgröße ca. 20 x 21 cm, Darstellung ca. 18,5 x 19 cm.

Ich beschließe noch einmal – zum drittenmal – dasselbe Thema aufzunehmen und sagte zu Hans vor ein paar Tagen: Das ist nun einmal mein Testament: „Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden“. In diesen Tagen war mir unerhört schwer ums Herz. Ich zeichnete also noch einmal dasselbe: Jungen, richtiger Berliner Jungen, die wie junge Pferde gierig nach draußen wittern, werden von einer Frau zurückgehalten. Die Frau (eine alte Frau) hat die Jungen unter sich und ihren Mantel gebracht, gewaltsam und beherrschend breitet sie ihre Arme und Hände über die Jungen. „Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden“ – diese Forderung ist wie „Nie wieder Krieg“ kein sehnsüchtiger Wunsch sondern Gebot. Forderung. (Tagebuch Dezember 1941).

Und zur daraus resultierenden Kreidelithographie:

Liebe Jeep! Gestern hatte ich einen erfreulichen Tag….Und drittens habe ich meinen Lithostein beendet: „Saatfrüchte sollen nicht vermahlen werden!“ Diesmal gucken die Saatfrüchte – sechzehnjährige Bengel – der Mutter überall aus dem Mantel raus und wollen ausbrechen. Aber die alte zusammenhaltende Mutter sagt: Nein! Ihr bleibt hier! Einstweilen dürft ihr Euch noch raufen. Aber wenn ihr groß sein werdet, habt ihr euch auf das Leben einzustellen und nicht wieder auf den Krieg. – Der Stein wird morgen an die Druckerei abgegeben, und wenn er gut ausfällt, ist mir wieder einmal etwas vom Herzen. (Brief, Januar 1942).

Käthe Kollwitz letztes großes Werk. Der Titel ist ein Goethezitat aus Wilhelm Meisters Lehrjahre. Schon im Oktober 1918, kurz vor Ende des 1.Weltkriegs, war sie mit diesen Worten in einem offenen Brief im „Vorwärts“ einem Kriegsaufruf Richard Dehmels entgegengetreten. Ein Thema, das sie seither begleitete, und endlich, mitten im 2. Weltkrieg, als dieselbe Drohung erneut am Horizont auftauchte, zu einer für die Künstlerin befriedigenden Form fand.

Provenienz: Wiesbaden, Kunsthandel / München, Privatsammlung

Weitere Informationen: Artikel-Nr. 00006

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